Definition

Beim Morbus Ménière handelt sich um eine Erkrankung des Innenohres, die typischerweise mit den drei Symptomen Ohrgeräusch, Hörminderung und Schwindel anfallsartig auftritt.

Synonym: Ménière-Krankheit.

Ursachen

Im knöchernen Felsenbein eingebettet liegt das Innenohr. Es besteht aus der Schnecke (Cochlea), die für das Hören zuständig ist, und dem sog. Labyrinth, das für den Gleichgewichtssinn sorgt. Innerhalb dieser Strukturen befinden sich Räume, die durch Membranen voneinander getrennt und mit Flüssigkeiten, der sog. Endolymphe und der Perilymphe, ausgefüllt sind. Beide Flüssigkeiten unterscheiden sich in ihrer Konzentration an Elektrolyten (geladene Teilchen). Die Endolymphe ist reich an Kalium, die Perilymphe ist kaliumarm. Sie besitzen also ein unterschiedliches elektrisches Potenzial.

Die genaue Ursache, die zur Auslösung des M. Ménière führt, ist nicht geklärt. Man nimmt an, dass es durch eine Resorptionsstörung der Endolymphe im sog. Saccus endolymphaticus zu einem Überdruck im Endolymphraum kommt. Dies führt zum Einreißen der endolymphatischen Membran (Reissnersche Membran) und zur Vermischung von Endolymphe und Perilymphe. Durch die plötzliche Vermischung beider Flüssigkeiten kommt es zu einer Potenzialveränderung, was letztlich zu einer Erregung der Nervenzellen im Hör- und Gleichgewichtsorgan führt.

Symptome

Typisch für die Erkrankung ist die Symptomentrias aus: Schwindel, Hörstörung, Tinnitus.

Meist treten die Beschwerden beim M. Ménière anfallsartig auf. Oftmals kündigen sich die Beschwerden mit einer Art Aura an. D.h. der Patient verspürt zunächst ein Druckgefühl auf dem betroffenen Ohr oder evtl. eine Verstärkung oder Veränderung vorbestehender Ohrgeräusche. Durch den starken Drehschwindel, der oft mit Übelkeit und Erbrechen einhergeht, befindet sich der Betroffene in einer dramatischen, hilflosen Situation. Regelmäßig werden die Patienten bei solch einem Anfall mit dem Krankenwagen in eine Klinik gebracht. Gleichzeitig spürt der Patient i.d.R. eine Hörminderung, Ohrgeräusche und einen Druck auf dem betroffenen Ohr.

Die akuten Beschwerden klingen meist nach einigen Stunden wieder ab. Es kann für einige Tage noch ein Schwankschwindel oder ein Unsicherheitsgefühl bei den Betroffenen bestehen. Die Anfälle können sich nach Tagen oder Wochen wiederholen. Während die Symptome im Anfangsstadium der Erkrankung zwischen den Anfällen noch reversibel sind, kann es im weiteren Verlauf und bei Häufung der Anfälle zu einer dauerhaften Schädigung des Innenohres kommen. Diese zeigt sich i.d.R. in einer Hörstörung, die bis zur Ertaubung fortschreiten kann.

Diagnose

Während des Anfalls ist der Patient oft in einem schlechten Zustand, sodass die fachärztlichen Befunde erst nach Abklingen der akuten Beschwerden erhoben werden können. Während des Drehschwindelanfalls kann der Arzt unter der Frenzel-Brille einen horizontalen Nystagmus feststellen. Dabei handelt es sich um schnelle, zuckende Augenbewegungen, die durch eine Reizung des Gleichgewichtsorgans entstehen. Der Nystagmus ist anfangs als sog. Ausfallnystagmus zur gesunden Seite hin gerichtet und kann sich im weiteren Verlauf zur Gegenseite als sog. Erholungsnystagmus zeigen.

In einer Hörprüfung (Audiometrie) wird der Arzt eine Hörstörung feststellen können.

Bei der Untersuchung des Gleichgewichtssinns (Vestibularisdiagnostik) kann sich bei der thermischen Reizung

Differenzialdiagnose

Bei der Diagnose Morbus Ménière handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose. Andere Erkrankungen, die mit ähnli- chen Symptomen einhergehen, sind auszuschließen:

Akustikusneurinom (gutartiger Tumor im Kleinhirn), Hörsturz, akuter Ausfall des Gleichgewichtsorgans, Apoplex (Hirninfarkt), Cholesteatom.

Therapie

Eine ursächliche Behandlung des M. Ménière existiert nicht. Im akuten Anfall werden die Patienten i.d.R. stationär aufgenommen. Es werden Antivertiginosa (z.B. Vomex) zur Linderung der Akutbeschwerden verabreicht. Zum Ausgleich eines Flüssigkeitsverlusts durch eingeschränkte Nahrungsaufnahme und/oder Erbrechen werden Infusionen gegeben.

Zur Verhinderung von Anfällen wird Betahistin (Aequamen) eingesetzt. Eine salzarme Diät und Gabe von Diuretika scheinen ebenfalls einen positiven Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung zu haben.

In schweren Fällen greift man zur operativen Behandlung, deren Ziel die dauerhafte Ausschaltung des Gleichgewichtsorgans ist. Über einen Trommelfellschnitt (Parazentese) wird ein Drainageröhrchen in das Mittelohr eingeführt. Darüber werden dem Patienten mit einer Kanüle Medikamente in das Mittelohr geträufelt. Diese Medikamente (Aminoglykosid Antibiotika/Gentamycin) haben eine schädigende Wirkung auf das Innenohr. Sie werden in so niedriger Dosierung verabreicht, dass es möglichst nur zu einem Ausfall des Gleichgewichtssinns kommt. Da es bei dieser Behandlung ebenso zu einer Schädigung der Cochlea mit Ertaubung des Ohres kommen kann, ist die Indikation besonders kritisch zu stellen.

Andere operative Verfahren sind die Durchtrennung des Gleichgewichtsnervs oder Eröffnung des Innenohrs und Ausschaltung des Gleichgewichtsorgans. Sie werden aber eher selten angewandt.

Prognose

Der Verlauf der Erkrankung und die Häufigkeit und Intensität der Anfälle sind nicht vorhersehbar. Bei vielen Patienten führt die Krankheit im Laufe von Jahren zu einer Schwerhörigkeit.