Definition

Der gutartige Lagerungsschwindel ist definiert als ein lageabhängiger Schwindel mit kurzen, rezidivierenden Drehschwindelattacken, die durch Kopflageveränderung auftreten. Er ist eine recht häufig auftretende Schwindelursache des Menschen.

Synonyme: benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel, Canalolithiasis, BPPV (benign paroxysmal positioning Vertigo).

Ursachen

In den beiden Innenohren befindet sich jeweils ein Labyrinth (Gleichgewichtsorgan) mit je drei Bogengängen. Diese sind mit Endolymphe (Flüssigkeit) gefüllt und im rechten Winkel in den drei Ebenen des Raumes zueinander angeordnet. Man unterscheidet einen vorderen, einen hinteren und einen seitlichen Bogengang.

In die Bogengänge hinein ragen feine Sinneshärchen, die mit dem Gleichgewichtsnerven verbunden sind. Bei einer Bewegung des Kopfes kommt es zu einer Strömung der Endolymphe innerhalb des Bogenganges, wodurch die Sinneshärchen ausgelenkt werden. Die hierdurch aus- gelöste Erregung wird zum Gehirn fortgeleitet und führt zu einer Drehempfindung.

Als Verursacher des Lagerungsschwindels nimmt man kleine Otolithen (Kalkkristalle) an, die sich spontan degenerativ oder posttraumatisch an einer anderen Stelle des Innenohrs gelöst haben. Sie bewegen sich nun frei in der Endolymphe. Bei bestimmten Veränderungen der Lage des Kopfes geraten die Kristalle in Bewegung. Diese führen zu einer Erregung der Sinneshärchen, v. a. im Bereich des hinteren Bogenganges, und lösen so einen Drehschwindelanfall aus.

Die Krankheit kann in jedem Lebensalter auftreten. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer. Manchmal geht der Erkrankung ein Trauma oder eine Ohroperation voraus.

Symptome

Meistens beginnen die Symptome während des Schlafens nach Lageveränderung zur Seite. Mit einer Verzögerung von einigen Sekunden kommt es zu Drehschwindel, häufig in Verbindung mit Übelkeit, selten Erbrechen. Der Anfall klingt i.d.R. nach etwa 30 Sek. wieder ab und tritt bei entsprechender Lageänderung erneut auf. Eine Hörminderung oder Ohrgeräusche treten nicht auf.

Im weiteren Verlauf ändern sich die Symptome. Die heftigen Schwindelanfälle lassen nach. Es besteht häufig noch ein Unsicherheitsgefühl („wie wenn man auf Watte läuft“) und ein kurz dauernder Schwindel lässt sich durch schnelle Kopfbewegungen auslösen. Manche Patienten entwickeln schnell ein Vermeidungsverhalten, um den als sehr unangenehm empfundenen Schwindel nicht mehr auszulösen.

Diagnose

Wesentliche Hinweise auf die Erkrankung ergeben sich meist bereits aus der typischen Anamnese. Um andere Schwindelursachen auszuschließen, erfolgt eine Untersuchung beim HNO-Arzt.

Inspektion und Hörprüfung. Der HNO-Arzt inspiziert zu- nächst die Ohren mit dem Ohrmikroskop und führt eine Hörprüfung (Tonaudiometrie, Sprachaudiometrie) durch. Gleichgewichtsuntersuchung. Bei der speziellen Untersuchung des Gleichgewichts, erkennt der Arzt durch Aufsetzen der Frenzel-Brille (Leuchtbrille, mit 15 Dioptrien starken Gläsern) auffällige Augenbewegungen (Nystagmen) während des Schwindelanfalls.

 

Differenzialdiagnose

Weitere häufige Schwindelursachen sind: akuter Ausfall eines peripheren Gleichgewichtsorgans, → Morbus Ménière, Erkrankungen des zentralen Nervensystems, z.B. im Hirnstammm oder Kleinhirn, → Multiple Sklerose, vertebragener (von der Wirbelsäule ausgehender) Schwindel, z. B. bei HWS-Syndrom, →Tumoren, z.B. Akustikusneurinom und Kleinhirntumoren (→ Gehirntumor).

Therapie

Eine medikamentöse Therapie ist nicht indiziert, da durch sie meist der Gleichgewichtssinn zentral gedämpft und so der Heilungsprozess eher verzögert wird.

Günstig wirkt sich ein spezielles Schwindeltraining aus, z. B. Lagerungsübung nach Brandt und Daroff, Lagerungs- übung nach Epley und das Semont-Manöver.

Prognose

Die Erkrankung heilt i.d.R. in Tagen bis Wochen spontan aus. Rezidive treten gelegentlich auf.