Definition

Bei den adenoiden Vegetationen ist die Rachenmandel (Tonsilla pharyngea) vergrößert. Sie treten meist im Kindesalter auf.

Synonym:

Rachenmandelhyperplasie, im Volksmund fälschlicherweise als Polypen bezeichnet.

Ursachen

Bei den Mandeln handelt es sich um lymphoepitheliales Gewebe. Die Rachenmandel befindet sich am Dach des Nasenrachenraums. Gemeinsam mit den Gaumenmandeln (Tonsilla palatina) und der Zungenmandel (Tonsilla lingualis) bildet sie den sog. Waldeyer’schen Rachenring. Dieser dient dem Abfangen von über die Nase und Mundhöhle eindringenden Krankheitserregern.

Vor allem bei Kindern zwischen dem 3. und 7. Lebensjahr sind sowohl die Rachen- als auch die Gaumenmandeln häufig vergrößert, weil sie vermehrt Infekten im Nasen-Rachen-Bereich ausgesetzt sind. Der vergrößerte lymphatische Rachenring zeigt, dass sich das Immunsystem ausbildet. Mit zunehmendem Lebensalter bildet sich die Rachenmandel zurück. Beim Erwachsenen ist sie i.d.R. vollständig verschwunden.

Symptome

Da die anatomischen Verhältnisse im Nasen-Rachen-Raum bei Kleinkindern sehr beengt sind, kann eine vergrößerte Rachenmandel zu typischen Symptomen führen. Mittelohrentzündung und Schwerhörigkeit. In unmittelbarer Nachbarschaft der Rachenmandel mündet die Eustachi’sche Röhre (Ohrtrompete, Tuba auditiva) in den Rachen. Ist sie durch die vergrößerte Rachenmandel verlegt, kann das Mittelohr nicht mehr richtig belüftet werden. Es bildet sich ein Unterdruck im Mittelohr und das Sekret kann nicht mehr abfließen. Flüssigkeit sammelt sich hinter dem Trommelfell (Tubenmittelohrkatarrh mit Paukenerguss). Das Trommelfell und die Gehörknöchelchenkette können nicht mehr in Schwingungen versetzt werden. Hieraus resultiert eine Schallleitungsschwerhörigkeit. Diese kann, wenn sie über einen längeren Zeitraum unbemerkt bleibt, zu einer verzögerten Sprachentwicklung und geistigen Unterentwicklung führen. Der Unterdruck im Mittelohr bewirkt, dass Krankheitserreger aus dem Nasen-Rachen-Raum über die Eustachi’sche Röhre in das Mittelohr aufsteigen. Das dort gestaute Sekret bildet den idealen Nährboden für Entzündungen (→ akute Otitis media), die bei Kindern mit adenoiden Vegetationen gehäuft auftreten.

Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS)

Weitere typische Beschwerden sind nächtliches Schnarchen und vermehrte Mundatmung bis hin zum Auftreten eines obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms. Hierbei verengen sich die oberen Luftwege beim Einatmen. Es kommt zu Atempausen und Minderversorgung des Gehirns mit Sauerstoff. Der Schlaf ist unruhig und wenig erholsam. Die Kinder sind tagsüber entsprechend müde und unkonzentriert.

Infektanfälligkeit im Bereich des Bronchialsystems

Durch die vermehrte nächtliche Mundatmung wird die Atemluft nicht wie bei der Nasenatmung angefeuchtet und gefiltert. Die trockene und kalte Luft trocknet die Schleimhaut der oberen Luftwege verstärkt aus. Da die schützende Wirkung des Schleims fehlt, ist das Kind für Infekte anfälliger.

Facies adenoidea

Die Kinder haben häufig einen für die Erkrankung typischen Gesichtsausdruck mit schmalem, blassen Gesicht, offenstehendem Mund und zurückliegenden Augen.

Diagnose

Die Diagnose stellt der HNO-Arzt. Er kann mit speziellen Instrumenten den Nasen-Rachen-Raum einsehen. Dies erfolgt entweder mittels eines flexiblen fiberoptischen Endoskops über die Nasenhöhle oder mit einem Spiegelchen indirekt über die Mundhöhle. Obligatorisch werden auch die Ohren und das Hörvermögen (Tonaudiometrie) untersucht. Mittels Tympanometrie werden Mittelohrdruck und Schwingungsfähigkeit des Trommelfells bestimmt. Je nach Dauer und Stärke der Beschwerden kann eine Operation nötig sein.

Differenzialdiagnose

Eine Choanalatresie (angeborene Verengung im hinteren Bereich der hinteren Nasenhöhle) oder → Tumoren (insbesondere juveniles Angiofibrom) des Nasenrachenraumes sind auszuschließen.

Therapie

Rachenmandeln werden unter einer 5 – 10-minütigen Vollnarkose operativ mit einem speziellen Instrument herausgeschält (Adenotomie). Die Adenotomie erfolgt i.d.R. ambulant, wenn keine wesentlichen Vorerkrankungen oder Störungen der Blutgerinnung vorliegen. Das Kind sollte zum Operationszeitpunkt keinen akuten Infekt haben.
Liegen ebenfalls Paukenergüsse vor, wird außerdem ein Trommelfellschnitt (Parazentese) durchgeführt und das Sekret abgesaugt. Es können Paukenröhrchen einge- bracht werden, die eine dauerhafte Belüftung gewährleisten. Diese Röhrchen werden i.d.R. nach 3 – 6 Monaten ab- gestoßen oder vom HNO-Arzt entfernt.

Risiken der Operation können sein:

Lockerung der Milchzähne (durch den Mundsperrer, der den Mund während der OP offen hält), Nachblutungen (sehr selten), Schluckstörungen und Schmerzen.
Nach der Operation ist auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme zu achten. Um das Risiko einer Nachblutung zu minimieren, sollten körperliche Anstrengungen, heißes Duschen, Baden oder Haarewaschen für eine Woche vermieden werden.

Das Kind darf nach der Entlassung niemals alleine zu Hause bleiben. Im Falle einer Nachblutung muss es unver- züglich in die nächste HNO-Klinik gebracht werden. Ist ein Trommelfellschnitt durchgeführt worden, darf zunächst kein Wasser in den Gehörgang gelangen. Der HNO-Arzt kontrolliert nach einigen Tagen, ob der Trommelfell- schnitt wieder verheilt ist.

Prognose

Nachdem die Rachenmandel entfernt wurde sind ca. 70% der Kinder langfristig beschwerdefrei. Da sie allerdings in manchen Fällen nachwächst, ist zu einem späteren Zeitpunkt eine Nachoperation erforderlich. Kommt es trotzdem weiterhin zu rezidivierenden Paukenergüssen, ist die Einlage von Langzeitpaukendrainagen in das Trommelfell sinnvoll.